„Ich male und zeige einfach das, was unserer Verbindung zu allem am nächsten ist.“
„I am simply painting and showing what’s closest to our connection to everything.“
Jessica Färberkind ist Bildende Künstlerin (Master of Arts). Sie arbeitet mit selbst hergestellten Pflanzenfarben, digitalen Medien und Poesie. Im Rahmen des RCE Ruhr betreibt sie kunstwissenschaftliche Forschung und ist Mitglied der Steuerungsgruppe des UNESCO Projekts sevengardens. Sie ist Hochschuldozentin und gibt Workshops im Bereich der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE). Ihr Atelier befindet sich am Hof Emschermündung in Dinslaken.
Jessica Färberkind is a visual artist (Master of Arts). She works with self-made plant dyes, digital media and poetry. As part of the RCE Ruhr, she conducts art research and is a member of the steering group of the UNESCO project sevengardens. She is a university lecturer and gives workshops in the field of education for sustainable development (ESD). Her studio is located at Hof Emschermündung in Dinslaken.
Als sie diesen Weg betreten hat, war das Ziel allerdings nicht so klar, wie es heute im Rückblick scheinen mag. 1979 geboren im ländlichen Mittelhessen durfte Jessica schon in ihrer Kindheit eine große Liebe und Verbundenheit zur Natur erleben – aber ebenso die einengenden Impulse eines Dorflebens und die Anforderungen, die das Leben in den 90er Jahren an ein heranwachsendes Mädchen stellte. Ein Spannungsfeld zwischen Wohlstand, Behütetsein und extremem Anspruch an Aussehen, Leistung und Funktionalität. Nach dem Studium der Kunsterziehung und der Pädagogischen Kunsttherapie zog sie in die Großstadt Berlin. 2004 wurde dort ihre Tochter geboren und sie absolvierte ein weiterbildendes Studium mit Abschluss Master of Arts an der Universität der Künste in London und Fachfortbildungen in Kunsttherapie. In ihrem Berliner Atelier spürte sie nach Beginn des neuen Jahrtausends der krisenhaften Erfahrung von Selbst und Identität in einer durch Virtualisierung bestimmten Welt nach. Quasi als „Versuchsobjekt“ versetzte sie sich in einer Art dynamischen Meditation in das virtualisierte Universum hinein – kein Schwerpunkt, kein Anfang, kein Ausgang. Mit ihrer Arbeit forderte sie die Virtualisierung heraus, förderte sie sogar und bekämpfte sie zugleich. Ihre Videoperformances und interaktiven Multimedia-Installationen wurden international ausgestellt. Das Leben in Berlin stellte sie als Künstlerin und Mutter dabei alltäglich vor große Herausforderungen.
„Nun zu dieser Sphäre der Leere, in der das Leben abstrakt und kalt ist, während es sich beschleunigt und ausdehnt. Es ist unmöglich, sie zu begreifen, weil sie keine Form hat. Meine Kunst ist jedoch ein verzweifelter Versuch, der rasenden Macht der Virtualisierung, die den Menschen am Ende selbst entbehrlich machen wird, ein kurzes Aussetzen der Bewegung, einen Moment des Stillstands abzuringen. Ich versuche, sie zu greifen, indem ich es Kreaturen erlaube, dort ohne Einladung zu erscheinen, um diesen Raum zu bevölkern. Meine Aufgabe ist es, sie sichtbar zu machen. Damit ist meine Arbeit mit allen Künstler*innen verwandt, die jemals gezeigt haben, was hinter der Maske all dessen steckt, was vorgibt, nichts als schön und rein zu sein: Der Verfall, die Leere, die Einsamkeit, die gefährliche Naivität, die Angst, die Wut und der Schmerz.“ (Jessica Färberkind 2008)
So zog (es) sie nach Taos (New Mexico, USA), wo sie fasziniert erleben durfte, wie lateinamerikanische Kultur auf indigene Wurzeln traf und Kunst gezeigt und gewürdigt wurde. 2011 verließ sie Berlin, ebenso die Virtualisierung, und ging nach Süddeutschland. Dort unterrichtete sie Kunst an einer Realschule und einem Gymnasium und absolvierte schließlich eine Ausbildung zur Waldorf-Oberstufenlehrerin für Kunstgeschichte und künstlerische Praxis. Stets auf der Suche nach Unterrichtsformen, die im „Einklang“ mit ihrem Dasein sein mochten. 2014 wurde ihr Sohn geboren.
Auszeit. Besinnung. Wo lag der Gegenpol? Wo der Kern eines künstlerischen Impulses, der zum Verständnis des großen Ganzen führte? Zukunft?
Sie begab sich auf ihrem künstlerischen Weg folglich zunächst in die Grenzbereiche zwischen Virtualität und Naturerfahrung. Sie sammelte, zerquetschte, kochte alles, was sie in der Natur fand, und stellte schließlich alle in ihren Gemälden verwendeten Farben selbst her – digitalisierte diese wiederum. War die Pflanzenfarbe ein Medium, mit dem es gelingen konnte, dieser rasenden Macht der Virtualisierung entgegenzuwirken? Angekommen im Zeitalter der künstlichen Intelligenz war klar – das Virtuelle hatte uns Menschen jegliches Vertrauen in ein Dargestelltes entzogen und die kommenden Ausmaße konnten wir kaum ahnen. So war doch die aus der Pflanze selbst gewonnene Farbe und jedes damit gemalte Bild wertvoller denn je. Immer tiefer tauchte sie eremitenhaft in die Welt der Pflanzen ein mit der Erkenntnis, dass das Material mit dem wir arbeiten, ebenso mit uns arbeitet. Ein heilsamer Prozess, Transformation und Grenzenlosigkeit, durch die sie Sphären erforschte, die noch keinen Namen trugen. Das mochte verrückt klingen, so klar wie es ihr erschien, so verborgen blieb es zugleich.
Und wüsst ich, was ich male –
Die Antwort wäre so:
Den Hauch einer Begegnung
Mit weltenferner Welt,
Die in uns allen wohnt.
Und deren große Heimat
Sie selbst ist –
Fern unendlich.
Viel größer als der Geist,
Der ihr entspringen mag.
Nicht greifbar für ein Festes,
Dessen Formen sie gießt.
So lass mich eine Form sein,
Die aus Dir in Dich fließt.
(Jessica Färberkind 2023)
Nach 7 Jahren traf sie auf das Projekt sevengardens – wohl zum richtigen Zeitpunkt. So packte sie Mut, Familie und Koffer und zog nach NRW, um sich dort im sevengardens Atelier am Hof Emschermündung ganz ihrer Berufung zu widmen.
Portfolio und Vita auf Anfrage